Fanfarella
Life & Styleblog von Julia Schicho

Fanfarella beim Speeddating


Ja ist sie denn jetzt vollkommen übergeschnappt? Ist sie derart verzweifelt? Jetzt geht die sogar zum Speeddating! Bevor ich dort war, war ich mir der Antworten zu diesen Fragen nicht ganz so sicher, nun weiß ich es: Ja, ich bin übergeschnappt und nein, verzweifelt bin ich nicht, es geht mir gut.

Übergeschnappt deshalb, weil ich dachte, dass man gewisse Dinge im Leben einfach getan haben muss – Speeddating gehört nicht dazu, das kann ich euch nun sagen. Eine Ansammlung von wirklich traurigen Gestalten und ich mittendrin. Bisher hatte ich immer die Flirtcouches belächelt, nun würde ich am liebsten dem Großteil der Speeddater eine gratis Stunde schenken. So ungeschickt habe ich selten Männer reden hören, so peinlich berührt war ich noch seltener und so oft wie an diesem Abend, habe ich noch nie im Geiste meinen Kopf auf die Tischplatte knallen sehen.

Aber alles von Anfang an.
Mir wird ein Tisch zugewiesen, mitten im Raum, hinter und vor und neben mir stehen auch noch Einzeltische, wo bereits zwei Antwortformulare und zwei Stifte lagen.
Ich: „Äh, entschuldigung bitte, da will ich nicht sitzen, ich setze mich in die letzte Reihe, so dass ich einen guten Überblick habe.“
Veranstalter: „Nein, das geht nicht, das geht so nicht, nein, moment, also,…“
Ich mache mich einstweilen schon auf dem Weg zu meinem ausgewählten Tisch. Der Veranstalter erliegt derweilen einem Kollaps aufgrund des Chaos das ich in seine organisatorische Meisterleistung bringe.
Meine Freundin und ich sind früh da und so können wir die eintrudelnden Speeddater beobachten und uns geistig dafür wappnen, was uns erwartet. Schnell wird uns klar, dass wir vollkommen fehl am Platz sind, wie Magersüchtige bei den Weight Watchern. Wir, zwei aufgehübschte Partymäuse, zwischen verklemmt und eingeschüchtert dasitzenden Endvierzigern. Kurz vor Beginn kommen dann auch ein paar jüngere Männer herein, aber immer noch nicht in unser Beuteschema passend. Wundern tut’s uns eh nicht, Spass muss sein und ich kann die Erfahrungen in meinem Blog verwursten.
Als der Veranstalter doch tatsächlich mit einer richtigen Glocke die erste Gesprächsrunde einläutet, herrscht im Raum massiver Männerüberschuß. Also, es beginnt…

Mein erster Gesprächspartner ist sehr redseelig, 47 Jahre alt, selbstständig in der Logistikbranche (was das wohl sein könnte? Zeitungsausträger? Fernfahrer? Möbelschlepper?), seine Tochter ist so alt wie ich, sollte eigentlich klar sein, dass das nix wird mit uns.

Der Nächste ist der jüngste in der Runde, 32 Jahre, BWL-Absolvent und selbstständig, Typ Schwiegersohn, seeeehr ruhig, ich mutiere zum Allein-Unterhalter, ergo nix für mich. Er denkt wohl von mir, ich wäre auf Ectasy oder so.

Dann mein absoluter Anti-Typ: Nervöser Blick, sieht nie in meine Augen, dafür immer öfters auf meine Bluse (was er da wohl sieht, außer der Megaschleife?), spielt mit seinem Stift herum, streicht mit der Zunge immer wieder unkontrolliert über seine Lippen.
Er: „Ich bin der XY, bin 38 Jahre, seit einem halben Jahr geschieden, habe eine 11 jährige Ehe hinter mir.“ Job hab ich vergessen, sorry.
Ich: „Und hast du Kinder?“
Er: „Äh, naja,…“
Ich: „Na du musst doch wissen, ob du Kinder hast.“
Er: „Jaja, zwei habe ich, 4 und 1 Jahre alt.“
Ich: „So jung noch und wie oft siehst du sie?“
Er: „Also, das ist schwer, weil, also, ist nicht einfach. Also ich möchte eine Neuanfange machen, also alles hinter mir lassen.“
Ich: „Du kannst dich aber nur von deiner Frau scheiden lassen, nicht von deinen Kindern.“
Er ist ein bisschen verwirrt. Hat wohl nicht mit einer ernsthaften Diskussion gerechnet.
Ich: „Ich bin ein Scheidungskind und wenn ich was weiß dann, dass der Kontakt zu den Kindern bestehen muss. Kinder werden größer und Verzeihen immer schwerer.“
Er: „Ja aber, ich will von ganz vom Anfang anfangen, also, naja, es ist nicht einfach, naja, mal sehen hmmm… Und, willst du Kinder?“
MIT DIR SICHER NICHT!!!

Ein anderer Mann fragt, ob ich verheiratet gewesen sei.
Ich: „Nein, war ich nicht. Habe auch keine Kinder, wenn das die nächste Frage wäre. Wieso, warst du verheiratet?
Er: „Ja war ich, aber werd ich nie wieder machen! Einmal hat gereicht!“
Ich: „Glaubst du nicht, dass wenn du wieder so richtig verliebt bist, sich deine Meinung ändern könnte?“
Er: „Nein, keinesfalls. Weißt du, ich habe da so einen Spruch, mit dem bin ich in meinem Freundeskreis bekannt – „Nur Viecher machen einen Fehler zweimal.“ – hahahahaha
Ich lache nicht.
Ich: „Ich kenne genügend Menschen die einen Fehler zweimal gemacht haben, und noch öfter. Und mein Hund hat eine glühende Zigarette nur einmal angeschnüffelt, ich kenne Menschen, die tun das 30 mal am Tag.“
Da hat er auch nicht gelacht. Ist wohl Raucher.

Auftritt der skurrilsten Person, die ich je in meinem Leben gesehen haben und von der ich dachte, sie existiere nur in Drehbüchern von „Das Model und der Freak“:
Er spricht in einer Tour durch, ohne Punkt und Komma: Ich bin der XY bin 48 Jahre alt arbeite seit 17 Jahren im XY-Museum und habe schon 4 Direktoren überlebt und es werden sicherlich noch welche kommen denn du musst wissen das XY-Museum gehört zum YX-Museum und zum XX-Museum und hat zusammen 420 fixe Mitarbeiter und ich war jetzt 10 Jahre lang Vorsitzender Betriebsrates und ich war sehr stolz darauf diese Position ausüben zu dürfen und jetzt bin Sicherheitsvertrauensbeauftragter und wenn wo Sicherheitsschwachstellen sind dann kommen die Mitarbeiter zu mir außerdem habe ich ein Büro mit einem Computer und bin zuständig für die Büromittelbestellungen also so Papier und Druckerpatronen und für die Putzmittel für die Ausstellungsgegenstände,…
Ich bin auf einer Wiese, mit vielen Blumen, die Sonne scheint und die Vögel zwitschern, ich trage dieses wunderschöne weiße Leinenkleid von Zara, das mit den bestickten Blumen darauf,…

Auftritt des Herrn Professors:
Er: Hallo, ich bin der Dieter
Ich: Hallo, Julia, aber entschuldige, ich habe deinen Namen nicht verstanden.
Er: Diiiiiiiiiiiiiieteeeeeeer
Ich: Ah, ok, danke, entschuldige.
Er trägt ein KURZÄRMELIGES türksfarbenes kariertes Hemd mit Brusttasche, eine rahmenlose Brille, die er ständig in die richtige, oder auch falsche, weil er sie ja danach wieder in die richtige Position bringt. Sein durchdringender Blick macht mich etwas nervös. Typ „stille Wasser sind tief“, bei denen ich mir immer diese Sekt und Kaviar Spielchen vorstelle brrrrrr
Er, im Pizzicato-Stil: Ich habe Mathe, Biologie und Physik studiert, auf Lehramt, ich bin also HTL-PROFESSOR.
Idiot, in deinem Alter bist noch kein Professor da du keinesfalls pragmatisiert bist, oder habilitiert hast oder mit dem Bundespräsidenten auf Du-und-Du bist. Der nächste bitte.

Er: Ich habe ja eine Theorie, warum die Österreicher so schlecht beim Fußball abschließen.
Ich: Ah, na erzähl mal, bin zwar ein Nudelaug auf dem Gebiet, aber ich bin gelehrig.
Er: Also, ich sag ja immer, dass das daran liegt, dass in Österreich soviele Hänge sind aufgrund der Alpen und die Plätze ja dann immer schief sind und nicht ordentlich trainiert werden kann. Hahahahaha
Ich lache brav mit.
Ich: Für mich sieht der Zuckerhut in Brasilien und die angrenzenden Berge aber auch nicht gerade eben aus hahahaha
Er lacht nicht brav mit.

Und nun der Letzte, der einen recht sympathischen und unterhaltsamen Eindruck macht. Er setzt sich nicht gegenüber von mir hin sondern rückt den Stuhl neben mich, räumt alle Flaschen und Gläser, die zwischen uns stehen auf die Seite und lächelt mich direkt an. Aha, na da hat wer beim letzten Kommunikationsseminar gut aufgepasst.
Er: Hallo, ich bin der Peter! Also, ich stelle mal nicht so normale Fragen, ich habe mir ein paar etwas ausgewöhnliche Fragen überlegt.
Ich: Super! So in der Art – Wenn du eine Obstsorte wärst, welche wärst du dann?
Er: Ja, so ungefähr!
Ich: Na ich bin gespannt, dann schieß mal los.
Er: Gut Julia, also, was hast du heute schon so getan?
Das ist die außergewöhnliche Frage? Wie bei ihm wohl Abenteuerurlaub sehen würde, ohne Gummischlappen ins Meer springen? Ich antworte artig und erzähle von meinem vergangenen Tag.
Er: Und, bist du Nichtraucherin Julia?
Hä???? Eine außergewöhnliche Frage bitte!!!
Ich: Ja, eine strikte sogar.
Er: Und nun die letzte Frage – Hast du dir meinen Namen gemerkt?
Ui, peinlich
Ich: Nein, entschuldige… (schnell was überlegen, womit ich von der Peinlichkeit ablenken kann)… aaaaber ich habe bemerkt, dass du meinen Namen ständig wiederholt hast, bist du im Verkauf?
Er: Nein, aber ich habe mal so ein Kommunikationsseminar gemacht und das habe ich sehr verinnerlicht.

Das waren natürlich nur die Highlights und alles sehr abgekürzt, habe insgesamt sowas um die 15 Gespräche geführt, darunter waren auch „ganz normale“ Gesprächspartner und aus ganz unterschiedlichen Schichten – vom Holländer in der PR-Branche der eine Uhr im Wert eines Kleinwagens am Handgelenk trägt, über den kreativen und lustigen Medien- und Marketing-Berater aus Kärnten, bis zum stinknormalen EDV-Fritzen aus Amstetten.

Werde übrigens niemanden wiedersehen – wüsste ja nur zugerne, was die alle von mir denken… wobei, eigentlich lieber nicht :D

Fanfarella

  • Twitter
  • Facebook

9 Comments

Leave a Comment

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.