Fanfarella
Life & Styleblog von Julia Schicho

Wenn Schuhe sprechen könnten, dann…


Letztens musste ich mal wieder Schuhe ausmisten. Alleine diesen Satz zu lesen, das tut weh, stimmts? Aber es musste sein, weil neue Schuhe einziehen wollten, deshalb müssen alte und gebrechliche Platz machen. Tja, mein Schuhschrank ist nunmal kein Sozialstaat, sondern dort herrscht beinharte Diktatur. Wer ich bin, ist ja wohl klar, oder? Genau, ich bin das Opfer! Denn immerhin muss ich mich dann nicht nur von alten, im besten Fall gar nicht mehr vorzeigetauglichen Schuhen trennen, sondern auch von Abenteuern, die ich in den Schuhen erlebt hatte. Na gut, die Erinnerungen bleiben, aber es hilft, wenn man die alten Schuhe immer wieder im Regal stehen sieht und sich dann denkt: „Hach ja, in diesen Pumps bin ich betrunken durch den Tiefschnee gestolpert und sie haben super gewärmt. Oder es war der Alkohol“.

So ein Paar das letztens ziehen hätte sollte, sind jene schwarzen Pumps von Buffalo. Es gab eine Zeit, da waren es Lackpumps, davon sind nur noch minimale Spuren über. Jetzt sind sie überzogen von den Zeichen der Zeit, viele Schrammen und Kratzer erzählen genauso viele Geschichten. Man könnte meinen ich werde jetzt etwas theatralisch und vergleiche die Abschürfung bei der Ferse mit den alten Schrammen in meinem Herzen und die Kratzer an der Zehenkuppe mit den vielen Lachfältchen im Gesicht. Und ja das tu ich jetzt, denn es ist so passend finde ich. Schuhe sind einfach unsere täglichen Begleiter und böse Zungen könnten behaupten, dass Frauen eine ganz besondere Schwäche für sie haben, dass sie sogar ihr letztes Hemd dafür geben würden. Aber ganz ehrlich, wer braucht schon ein schnödes Hemd, wenn man schicke Schuhe dafür haben kann?

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Ich stand also vor meinem Schrank und musste ein Paar auswählen, das gehen musste. Eines, das ich schon länger nicht mehr getragen habe, musste es sein. Eines, das ich vielleicht sogar noch gar nicht richtig getragen habe, weil sie einfach höllisch schmerzen. Oder auch eines, das bestenfalls schon Löcher in der Sohle hat und mit tiefen Kratzern übersehen ist, dass ich mich damit eigentlich nicht mehr in der Öffentlichkeit blicken lassen kann. Immerhin bin ich in einem Alter in dem zumindest die Accessoires hochwertig aussehen müssen. Ja das Alter kommt, glaubt mir, und dann ists vorbei mit Deichmann-Schuhen und Forever21-Schmuck. Letzteres klappt nicht ganz bei mir, ich häng einfach an diesem billigen Glitzerschrott, oje.

Also fiel meine Wahl auf meine alten Buffalo-Schuhe aka Party-Schuhe aka Bierpfützen-herumhüpf-Shakeshakeyourbootie-Schuhe. Und plötzlich fielen mir so viele Erinnerungen ein, die ich mit diesen Schuhen verbinde: Dates die ich hatte in der Lackschuh-Zeit, als ich dazu hübsche, einen Ticken zu kurze, Kleider trug. Gemeine Abfuhren die ich erteilte a la „Was hab ich getan, dass du denkst, ich hätte Interesse daran gehabt, dass du mich jetzt ansprichst?“. Gemeine Abfuhren die ich nach einer wilden Schmuserei – ja es war nur eine Schmuserei. Ehrlich. Hach… – bekommen habe a la „Ich ruf dich an“. Mein Run zu einem Taxi, der in einem angebrochenen Knöchel geendet hat und mir eine High-Heel-Abstinenz für mehrere Monate eingebrockt hat. Unzählige Besuche in Clubs, in denen man mir unzählige Male auf die Schuhe gestiegen ist und ich dann am Ende nur noch diese Schuhe trug. Quasi Arbeitsschuhe für die damalige Single-Frau auf der Suche nach Mr. Right unter der Diskokugel. Und selbst als man mich schon darauf angesprochen hat, dass ich diese Schuhe eigentlich nicht mehr tragen kann, weil sie schon so schäbig aussehen, habe ich sie immer noch getragen. Sie wurden dann zu meinen Nacht-Schuhen. Schuhe, die ich nur nachts tragen kann, weil man nur nachts nicht so gut erkennen kann, wie demoliert sie tatsächlich sind. Außerdem schaut in Clubs doch soundso niemand auf die Schuhe, oder? Wer in pinkfarbenen Rauleder-Peep-Toes in einen Club geht, ist meiner Meinung nach für alles was folgt selbst schuld.

Kann ich mich also wieder zu einem Opfer machen? Indem ich diese, ja geschichtsreifen Schuhe einfach in den schwarzen Müllsack stecke, sie in die Tonne werfe und dann vielleicht bei wem anderen eine zweite Chance bekommen? Nein, das geht nicht. Wieso nicht? Weil mir doch tatsächlich aufgefallen ist, dass ich mir diese Gedanken wohl schon einmal gemacht habe und mich damals entschlossen habe, dass ICH ihnen eine zweite Chance schenken möchte. Ich habe sie nämlich damals neu besohlen lassen und einen neuen Absatz montieren lassen. Sie sind sogar vom Schuster des Vertrauens mit schwarzer Farbe neu eingestrichen worden (obwohl ich das nicht gewollt habe, aber da hat wohl wer erkannt, dass ich an den Schuhen hängen muss, wenn man solche Wracks zum Reparieren bringt). Außerdem ist diese Wegwerfgesellschaft soundso zu verteufeln und Müll muss reduziert werden und im Grunde genommen, kann man darin noch laufen und das ist doch der Sinn von Schuhen, oder? Also ich finde das waren jetzt genügen Gründe, dass ich die Schuhe wieder auf ihren ursprünglichen Platz zurückstelle. Und die Neuen? Ich glaube unter meinem Bett habe ich noch Platz.

Fanfarella

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12 Comments

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    Dein Schreibstil ist einfach nur toll!
    Fällt mir bei jedem neuen Post auf :)
    Liebe Grüße Sophia

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    Oh, das kenne ich zu gut. Bei mir gibt es dann noch die Alternative: Innenstadt-Schuhe. Das heißt der Absatz hat sowieso schon so Macken, dass ihm jedes Kopfsteinpflaster egal ist, aber hauptsache, ich kann sie noch anziehen!!! :) Schon ein bisschen verrückt eigentlich ;)

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    Wie schade um die Schuhe, ich bin mir sicher sie hatten ein schönes Leben :D ..

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    Was für ein herrlicher Post und so wahr! Ich habe Tränen gelacht, kann aber jedes Wort so gut nachempfinden. Sich von Schuhen trennen zu müssen, ist unmenschlich! Und an sich brauchen sie nicht viel Platz, irgendwo lässt sich jedes Paar unterbringen, auch wenn zwei- oder dreifach gestapelt werden muss. ;-)

    Alles Liebe,
    Corinne

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    Oh die könnte ich nach der Geschichte auch nicht wegwerfen. Ich selber habe ja nicht sehr viele Schuhe aber das daran das mir immer alle schmerzen verursachen und deshalb sehr bald entsorgt werden.
    Sehr schön geschrieben.
    Irene
    moliba.blogspot.com

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    :D :D :D – wie immer!

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    Das war jetzt irgendwie so… romantisch :D

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    Haha, cooler Text (: !!!!!!

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    Hallo Julia, einfach wunderbar! Hab in den Fotos so viele „olle“ Schuhe von mir wiedererkannt!! Die ich immer noch aufhebe!
    Aber, wenn Schuhe sprechen könnten – dann hätten auch meine neuen Peter-Kaiser-Slings schon nach wenigen Tagen etwas zu erzählen, etwas über Männer, Frauen und das Schuhproblem!
    Also: Kürzlich habe ich mir von Peter Kaiser ein Paar Riemchenschuhe gekauft, Modell Raspara, Obermaterial: Glattleder, Innenfutter aus Leder, Decksohle aus Leder und die Schuhsohle auch aus Leder. Preis 90 € (Günstig!)! Mit ihren 50 mm Absätzen sind sie nicht mal besonders hoch, aber als ich sie in den Händen hielt, war ich sofort hingerissen: Ihre Form und ihr Design sind wunderbar feminin, ohne Schnörkel und Verspieltheit, elegant und zugleich irgendwie selbstbewusst. Das umlaufende rosa Riemchenband akzentuiert das strenge Schwarz der Schuhe, löst aber zugleich ihre Form noch weiter auf, lässt sie optisch noch zierlicher wirken als sie sind. Es waren sofort „meine“ Schuhe, ich wollte sie tragen! Und als ich sie anzog, bestätigte Peter Kaiser sofort wieder seinen Ruf: Welch ein angenehmes, schmeichelndes Gefühl, in diese leichten, zierlichen Schuhe zu schlüpfen, welch ein Vergnügen für mich, als Frau so eine so perfekte Alternative zu klobigen Sneakers, flachen Halb- und Schnürschuhen zu haben, die auf mich immer maskulin, manchmal praktisch und fast immer reizarm wirken! Eine alltagstaugliche Alternative zudem, denn diese leichten, schwarzrosa Riemchenschuhe ließen sich zu einer schwarzen Hose und einem rosa Top einen ganzen sommerlichen Alltag lang zu allen Terminen tragen – ich mochte sie ja gar nicht mehr ausziehen und bedauerte abends meinen Freund in seinen fest geschnürten Budapestern und dunklen Socken!
    Und ich merke, dass ihn meine neuen Schuhe auch anziehen. Zum Glück bin ich ihm immer einen Blick wert , aber als wir uns nach der Arbeit trafen und er mich zum ersten Mal meine neuen Schuhe tragen sah, war ich ihm noch ein paar Blicke mehr wert. Und dass nicht nur, weil ich ihm zierliche Peter-Kaiser-Meisterwerke vorführte, sondern weil ich mich als Frau einfach ganz anders fühle, gebe und bewege, wenn ich solch feine Schuhe trage!

    Mir wurde das schon als Teenage-Schülerin klar, wenn ich nach der Schule wegen irgendwelcher Feierlichkeiten meine Chucks gegen Lackschuhe und später Pumps austauschen sollte: Seit ich 14 war, hatte meine Mutter (und wenig später dann auch mein Vater, hihi) nichts mehr dagegen, wenn ich bei Feiern mal „Hackenschuhe“ ausprobierte. Meinem Freund habe ich den Effekt kürzlich so beschrieben, als würde mir als einer bis dahin schlaffen Teenagerin mal ein leichter Kick in den Hintern versetzt. Tatsächlich heben wir Frauen beim Tragen von hochhackigen Schuhen ja den Hintern an und strecken den gesamten Körper – müssen es ja! Wenn man aber eigentlich nicht so gestreckt und kontrolliert gehen möchte, strengt es nach einer Weile an und dann sagen Frauen solche anklagenden Sätze wie „Steh du doch mal einen Abend lang auf 80-mm-Absätzen herum!!“ Mir ging es aber so, dass ich schon früh unbedingt mal solche Schuhe tragen wollte. Obwohl am dörflichen Rand von Langenhagen (OT Krähenwinkel!) wild und ungezügelt aufgewachsen, hatte ich eine Mutter, die stets sehr attraktiv und elegant aussehen konnte. Da mein Vater als Vertriebsvertreter in der Industrie immer wieder formelle Termine hatte, besaß meine Mutter auch viele schöne Kleider und aufregend hohe Schuhe, die sie stets so selbstverständlich trug, als wären sie ganz gewöhnlich. Von ihr lernte ich: Wenn du auf hohen Absätzen gehen willst, dann kannst du das auch! Meine vier Schritte zu hochhackigen Schuhen:
    1. Die ersten höheren Schuhe für Konfirmation und Abschlussfeiern kaufte ich mit ihr zusammen – und sie, die in noch viel höheren, von mir fasziniert ausprobierten Schuhen wie selbstverständlich gehen konnte, zeigte mir, dass ein hoher Schuh mit einem Blockabsatz kein Problem ist, frau aber darauf leicht ein wenig „stapft“ – weil es so am sichersten ist, also wie durch Schnee.
    2. Die nächste Stufe war der hochhackige Pumps mit dünnem Absatz, der Stiletto. Mit Stilettopumps kann frau nicht mehr „stapfen“, damit müssen wir wieder normal, aber gestreckt, gespannt und trotz des hohen Absatzes abrollend gehen lernen. Aufrecht – aufrechter als viele Männer, gespannter als die allermeisten Jugendlichen. Pumps halten aber deinen Fuß fest, das hilft.
    3. Dann kam der erste Riemchenschuh, der Slingpumps mit hohen Absätzen: Die feste Fersenkappe ist durch ein Fesselriemchen ersetzt, manchmal beruhigend breit, aber nicht schick, manchmal atemberaubend dünn, fast nur noch ein „Bändchen“. Anfangs ist es sehr reizvoll luftig, du kannst deinen Fuß wieder im Schuh bewegen – die Ferse schnalzt auf der Decksohle, der Absatz klackt sehr hörbar – aber bei Drehbewegungen wirst du merken, dass du Seitenhalt verloren hast – und nach Alkoholgenuss magst du mit Pumps vielleicht noch klar kommen können – mit höheren Slingpumps wahrscheinlich aber nicht mehr!
    4. Hochhackige Sandaletten sind in meinen Augen dann schon fast mehr was für Fuß- als für Schuhfetischisten: Dein Schuh besteht nun nur noch aus einem hohen Absatz, einer Sohle und wenigen, dünnen Riemchen um deinen Fuß herum, die sich unter Druck und Zug manchmal seltsam um die eng zusammengedrückten Zehen von uns Frauen spannen. Wenig Halt – und seltsam, die Trägerinnen „stapfen“ oder staksen damit oft wieder, wahrscheinlich aus gefühlter Unsicherheit.
    Ich habe einige Male sehr hochhackige, aus nur wenigen Riemchen bestehende Sandaletten getragen und kann bestätigen, dass das eben die Schuhe sind, in denen frau sich meistens wackelig fühlt – ja, fühlen muss.
    So, und nun kommen die Männer ins Spiel: Männer wollen nicht „immer nur das Eine!“ und meiner Erfahrung nach gucken sie uns Frauen auch nicht nur auf die Brüste, Beine oder Hintern, nein, wir Frauen können ihre Aufmerksamkeit, ihr Interesse eigentlich sogar ziemlich gut steuern – wohl jede von uns weiß das! Ich bin selber – meiner Meinung nach – auch nur durchschnittlich attraktiv und zudem schon gerade über 40 Jahre alt (seufz!), habe aber mit meinen wenig hohen, aber sehr femininen, zierlichen „Raspara“-Riemchenschuhen die Aufmerksamkeit meines Freundes erkennbar verstärkt auf mich gezogen – habe sie dafür auch gern getragen und mich an jenem besonderen Abend darin als Frau auch sehr wohl gefühlt! Meinen Freund machten gerade diese Riemchenschuhe ebenfalls sehr an  – hat er gesagt! Er sagt von sich, er sei ein „bekennender Damenschuhfetischist“ – wirklich! -, aber es ginge ihm nicht um die Höhe – Block- oder Keilabsätze oder Plateausohlen würden ihn nicht reizen – sondern um „Zierlichkeit“: Er ist knapp 1,90 groß, hat Schuhgröße 44, trägt entsprechend große Sportschuhe, Budapester, Stiefel (die mich bisher – Schreck! – kaum interessiert haben!!) und meinte, er fände es immer „süß“, meine „kleinen“ Pumps oder Riemchenschuhe oder sogar meine Stiefel (Größe 38) im Hausflur neben seinen Schuhen stehen zu sehen. Wir haben uns dann beide gestern zusammen seine Budapester und meine Peter-Kaiser-Slingpumps (lagen irgendwie nebeneinander ) angeschaut und er meinte, all die flachen Sneakers, Halbschuhe und Stiefel würden ihn bei Frauen nicht interessieren, denn die trage er selber auch, das wäre reizlos. Aber so etwas wie meine neuen, schwarzrosa Slingpumps wären eben ganz eindeutig weiblich und neben seinen Budapestern auch so zierlich, dass er allein schon meine Schuhe sexy fände. Nicht alle – aber eben die, die uns Frauen vorbehalten sind! Zum Glück!!

    Oje, soviel hab ich noch nie von mir erzählt – aber das musste mal raus, das wollte ich mal aussprechen, bin etwas unsicher und würde mich sehr über Kommentare freuen!

    Liebe Grüße

    Christine

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