Fanfarella
Life & Styleblog von Julia Schicho

Älter werden ist schon ok eigentlich


Fanfarella - Kolumne - www.fanfarella.at

Ich hatte vor einem Monat Geburtstag und bin deshalb hoch offizielle eine Thirty-Something. Aber netterweise habe ich viele liebe Freunde, die mir regelmäßig bestätigen, dass ich eigentlich noch wie eine Twenty-Something aussehe und jedes Mal freue ich mich wie eine Schneekönigin darüber. Warum eigentlich? Denn ehrlich gesagt ist das älter werden gar nicht mal so schlimm, wie ich als Twenty-Something gedacht hatte. Uff. Hab das gerade tatsächlich ICH geschrieben?? Nun gut, rekapitulieren wir mal die vergangenen Zeiten: Teenager sein muss ich wirklich nicht mehr haben! Ständig dieses Fehlermachen und wieder die gleichen Fehler immer und immer wieder begehen. Warum gibt es nicht so einen Zwischenspeicher-Button fürs Leben, um sich ein bisschen Ausprobieren zu können? Aber eigentlich ist das Stichwort „Schule“ Grund genug, nicht mehr Teenager sein zu müssen. Wie ich es gehasst habe. Man selbst fühlt sich selbst wie ein Erwachsener – immerhin verträgt man mittlerweile mehr Alkohol als die Eltern – und bekommt trotzdem noch die nicht eingehaltene Hausschuhpflicht ins Mitteilungsheft vom Klassenlehrer notiert. Kann bis heute nicht nachvollziehen, dass Erwachsene mir damals am laufenden Band gesagt hatten: „Hach die Schule, das waren noch unbeschwerte Zeiten…“. Einzig die 2 Monate Sommerferien sind toll gewesen an der Schule.

Und dann ist man plötzlich Zwanzig und irgendwie fühlt sich das Leben bisschen anders an. Ich studiere und probiere mich mal wieder aus, suche meinen Weg und will ihn partout nicht finden – weder beruflich noch privat. Irgendwie hat man Angst sich festzulegen – es könnte ja noch was Besseres, Passenderes, Lustigeres und vor allem Aufregenderes kommen. Und Fehler macht man immer noch, man lernt daraus vielleicht eher und weiß dann bestenfalls zumindest, was man nicht will: Kindergärtnerin werden, BWL studieren, Internationale Entwicklung studieren, Soziologie studieren, in einer Wohnung im 1 Stock mit Lichtschacht-Blick wohnen, Barkeeperin sein, Außenmitarbeiterin einer Marketingagentur für KMUs sein, die Jugendliebe lieben. Also dann lieber alles ausprobieren und alles selbst spüren? Wenns schief laufen sollte, dann aber ganz bewusst!

Kurz vorm 30er kommt dann plötzlich der Rappel: Sollte ich denn nicht endlich wissen was ich will in meinem Leben? Sollte ich denn nicht endlich einer funktionierenden Beziehung sein und an Kind und Kegel denken? Hallo – ab 30 heißt es Risikoschwangerschaft! Aber warum machen mir kleine Kinder immer noch Angst? Bin ich so, wie ich bin, eigentlich ok? Sollte ich mich ändern? Sollte ich mehr Freunde haben, weniger auf der Waage haben und bis wann darf ich eigentlich noch Miniröcke tragen? Und dann hält man Fragebögen von Meinungsforschern in den Händen und fällt bereits in die 25-35 Altersgruppe, bekommt keine Kinderbeihilfe mehr und auch sonst muss man immer den vollen Preis zahlen. Jetzt bin ich wohl vollends erwachsen.

Und dann war er da, der böse Dreißiger und plötzlich seh ich alles doch nicht so eng. Das mit der Liebe hat sich glücklicherweise von selbst gelöst, im Berufsleben läufts plötzlich auch glatt und ich meine  schlussendlich nun fix zu wissen, was ich will: Glücklich sein, Zeit haben und  eine Safari in Afrika vor der Familiengründung unternehmen. Und das beste daran: Ich muss kein Jahr sparen, um mir das leisten zu können! Im Supermarkt kaufe ich die Freilandeier, MSC zertifizierte Fische und Biofleisch – weil ich es mir leisten kann und meinen kleinen Teil beitragen möchte. Meine paar Kilos mehr auf der Hüfte bringen mich nicht mehr zum Kollabieren und Makeup ist für mich kein farbenfroher Malkasten mehr zum Überschminken von vermeintlichen Unzulänglichkeiten. Plötzlich erinnert man sich in kniffligen Situationen an Vergangenes und kann schneller und sicherer Entscheidungen fällen, was nicht bedeutet, dass man keine Fehler mehr macht. Aber jedenfalls sind die Fehler bewusster gemacht meiner Meinung nach – irgendwie sieht man sie eher kommen und entscheidet sich bewusster für ein Risiko oder eben dagegen. Man wird selbstsicherer, muss gewisse Dinge einfach nicht mehr machen, nur damit man sie gemacht hat, wird relaxter.

So gesehen ist das älter werden gar nicht mal so schlimm eigentlich. Nur alt werden, damit werde ich wohl immer ein Problem haben…

Fanfarella

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11 Comments

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    sehr gut geschrieben, ich hoffe, ich kann das älter werden in ein paar Jahren so sehen wie du :)

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    Danke dafür :)

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    Genau! Ich fand meinen 30. Geburtstag ganz schrecklich – „jetzt werde ich uralt!“ dachte ich damals und hätte den Tag am liebsten aus meinem Kalender gestrichen.
    Mit dem „älter werden“ kommt aber eine Gelassenheit die Dinge zu akzeptieren, oder besser noch, sie anzunehmen. Dann ist es völlig egal welchen Geburtstag man feiert, weil es nur eine Zahl ist. Denn das Leben ist schön, wenn man offen für alles bleibt und sich nicht wegen eines neu entdeckten Fältchens grämt.
    Freu‘ Dich auf eine hoffentlich schöne Zukunft und nachträglich alles Gute für das neue Lebensjahr :-)

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    „Im Supermarkt kaufe ich die Freilandeier, MSC zertifizierte Fische und Biofleisch – weil ich es mir leisten kann und meinen kleinen Teil beitragen möchte. “

    genau auf da swarte ich auch schon laaange :)) naja, bald bin ich soweit!

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    Ach, ich mag deinen Schreibstil einfach, würdest du ein Buch schreiben, ich wäre deine Leserin!

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    Du sprichst mir aus dem Herzen :)

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    man ist nur so alt wie man sich fühlt – dieser eigentlich sehr dumme satz triffts aber wirklich. ich selbst bin ja schon fast in der mitte der 30er angelangt un ich habe genauso noch den schalk im nacken sitzen. solange man sich diese unbeschwertheit bewahrt hat ist man nicht alt. und und das sie diesen schalk verlieren, habe ich schon bereits 20 jährige wie auch erst 45 jährige verlieren sehen…

    also take it easys

    und grüsse vom bodensee

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    Das kann ich genauso unterschreiben!

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    vor dem alt werden schützt leider nur früh sterben.

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    […] “älter werden ist schon okay eigentlich” – gelesen und für ziemlich wahr befundenbei fanfarella […]

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    Super geschrieben!
    Ich bin auch ein „Thirty-Something“ und bin irgendwie froh so wie alles ist. Es ist zwar, oder zum Glück, nicht alles so gekommen wie ich es mir ausgemalt habe, es ist aber ok. Für diese Gelassenheit habe ich lange gebraucht und seitdem ich akzeptiere, dass ich manchmal anders bin als andere geht es mir richtig gut. Ich möchte ganz ehrlich keine „Getriebene“ Mitte-20er mehr sein :-)

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